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Und das war ich mit:
Siebzehn Jahr, weißes Haar,
so lieg ich vor Dir...
Ich heiße Daisy. Und so sah ich als Baby aus.
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Peter Reifegerste
Peter
Reifegerste

Kurzgeschichte, Satire, Sarkasmus

Ich hatte mal ein Hundeleben auf Ibiza

Hündin Daisy blickt zurück auf ein ganz besonderes Leben.
Nach einer wahren Begebenheit.

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Ich heiße Daisy und das bin ich als Baby und mit Siebzehn.


Kurzgeschichte von Peter Reifegerste

Ich hatte mal ein Hundeleben auf Ibiza

Hündin Daisy blickt zurück auf ein ganz besonderes Leben.
Nach einer wahren Begebenheit.

Mein Name ist Daisy, das bedeutet Gänseblümchen, und ich wurde im Mai 1991 in Hamburg als schneeweiße Labradorhündin geboren. Selbstverständlich war ich reinrassig mit einem langen Stammbaum und gehörte so von Anfang an zur Oberschicht. Ich hatte natürlich meinen Preis, aber ich war jede Mark wert, was ich auch durch mein schneeweißes Fell und meiner bestechenden Schönheit jedem gerne zeigte. Und so kam ich auch zu einer Familie, die mit ihren zwei kleinen Kindern in einem Nobelviertel von Hamburg wohnten.

Jedoch stellte sich schnell heraus, dass meine berufstätigen Herrchen mit meiner aktiven, neugierigen und ungestümen Persönlichkeit hoffnungslos überfordert waren, sodass sie sich schweren Herzens dazu entschlossen, eine neue Familie für mich zu suchen. Aufgrund meiner bestechenden Schönheit war das natürlich überhaupt kein Problem und so wurde auch schnell eine neue Familie für mich gefunden.

Sie hießen Sylvia und Peter und wohnten in einem Haus mit großem Garten am Rande der Lüneburger Heide. Hier machten wir zusammen jeden Tag einen langen Spaziergang in der ländlichen Natur und ich konnte den Pferden und Schafen und anderen Landeiern mal so richtig zeigen, wer hier jetzt das Sagen hatte. Sylvia und Peter unterstützten mich dabei tatkräftig, indem sie laut rufend und mit fuchtelnden Armen hastig hinter mir her liefen.

Natürlich musste ich meinen neuen Herrchen erst klar machen, dass ich als Einzelkind daran gewöhnt war, dass mein Speiseplan aus einer gehobenen Gourmetküche bestand und dass meine Mahlzeiten mit Käsescheiben belegt und im Ofen leicht überbacken sein mussten. So etwas Ordinäres wie Trocken- oder Dosenfutter war unter meinem Stand und hatte nichts in meinem Napf zu suchen. Solange ich dieses Zeug von ihnen vorgesetzt bekam, begab ich mich würdevoll aber unmissverständlich in einen Hungerstreik.

Ihre Umerziehungsmaßnahme setzte meinerseits eine große Portion Ausdauer und Beharrlichkeit voraus, weil meine Herrchen doch wirklich glaubten, dass ich mich mit Trockenfutter begnügte, wenn sie mir nur lang genug dieses staubtrockene Zeug vorsetzten. Doch irgendwann merkten sie, dass ich es mit meiner Nahrungsverweigerung ernst meinte und passten sich schließlich meinem Wunsche einer standesgemäßen Nahrungszubereitung an.

Des Weiteren musste ich ihnen auch zeigen, dass der auf dem Fußboden stehende neue Hundekorb zwar elegant designet und aufwendig dekoriert war, aber nicht meinen gewohnten Schlafgewohnheiten entsprach. Ich schlief nicht auf dem Fußboden sondern selbstverständlich mit in ihrem Bett. Auch wenn die beiden mich immer wieder von den angeblichen Vorzügen des neuen Hundekorbs überzeugen wollten, erkannten sie doch irgendwann die Sinnlosigkeit ihrer Bemühungen, als sie mich jeden Morgen wieder schlafend in ihrem Bett vorfanden. Und somit war auch die Sache mit meinen Schlafgewohnheiten geklärt.

Doch eines Tages änderte sich alles, denn wir verließen Deutschland und begannen auf Ibize ein vollkommen neues Leben. Und das sollte auch mein Leben komplett auf den Kopf stellen.

Auf Ibiza angekommen bekam ich schnell Familienzuwachs in Form von vielen Brüdern und Schwestern. Meine Herrchen engagierten sich nämlich stark bei einer Tierhilfe, die sich um einsame Hunde und Katzen der Insel kümmerte. Und plötzlich war ich kein Einzelkind mehr, daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. Denn plötzlich bekam ich keine Gourmetküche mehr vorgesetzt sondern ich musste wie alle anderen Hunde normales Fleisch und Knochen aus einem gewöhnlichen Blechnapf fressen. "Hallo Leute! Ich bin es, Daisy, Eure wunderschöne weiße Labradorhündin. Wo bitteschön sind meine ganzen Privilegien geblieben?"

Und so lernte ich mit anderen Hunden und Katzen in einer Familie auf dem Lande zusammenzuleben und alles gemeinschaftlich zu teilen. Und zu meiner Überraschung gefiel mir das gut. Ich stand zwar nicht mehr im Mittelpunkt, aber dafür hatte ich viele neue Freunde und Spielkameraden und jede Menge Spaß.

 

Meine schönsten Erlebnisse auf Ibiza

Damit Ihr Euch mein Leben auf Ibiza ein bisschen besser vorstellen könnt, möchte ich Euch gerne über einige meiner schönsten Erlebnisse berichten:

Morgens zuerst einmal mit allen großen und kleinen Hunden sowie mit Kater Werner, der sich für einen Hund hielt und deshalb überall dabei sein musste, in die von Herrchen geöffnete Hecktür seines Autos springen, damit er mit uns allen runter zum Strand fahren konnte, damit wir dort im Sand und im Wasser ausgelassen spielen und toben konnten.

Danach mit der Familie und allen Hunden frühstücken im Schatten des uralten Johannesbrotbaumes im Vorgarten unserer Finca und mit diesem klaren und weiten Blick ins verschlafene Tal von Benirrás.

Oder im Auto allein mit der Familie oder auch noch mit anderen Hunden zusammen zum Einkaufen fahren. Dann wurden alle Fenster während der Fahrt runtergedreht, sodass wir unsere Köpfe in den Fahrtwind stecken und entgegenkommende Autos anbellen konnten. Mann, war das ein Riesenspaß.

Oder mit Herrchen und allen Hunden eine ausgiebige Wanderung durch die menschenleeren Pinienwälder des Nordens der Insel machen, sowie einen Abstecher runter zu einer dieser einsamen kleinen und völlig unbekannten Badebuchten, um sich im Meer abzukühlen. Oder rauf ins Felsenplateau, um von dort oben einen atemberaubenden Panoramablick über das Meer bis nach Formentera hin zu genießen. Dabei konnten wir schon mal den ganzen Tag unterwegs sein, ohne auch nur einen Menschen zu begegnen. Natürlich ließ sich auch Kater Werner so einen Ausflug auf keinen Fall entgehen.

Oder ganz allein mit der Familie zum Schwimmen ans türkisblaue Meer fahren und später am Strand Relaxen unter meinem ganz eigenen Sonnenschirm.

Oder Herrchen beim Holzsägen im Wald begleiten und später zu zweit das Pausenbrot teilen, während wir unter einem großen schattenspendenden Baum zusammen die Siesta genießten.

Oder mit der Familie an eine touristenleere Bucht zum Essen von frischem Fisch fahren, der direkt am Strand vom einheimischen Fischer Jose zubereitet und mit inseleigenem Brot und Wein an nur wenigen uralten knochigen Holztischen serviert wurde.

Besonders zu Weihnachten war in unserer Finca immer Haus der offenen Tür, dann wurden ganz viele Freunde und Nachbarn eingeladen, die allein waren und es gab für alle Essen bis zum Abwinken. Auch für uns Tiere. Sylvie hat dann ganz viel Fleisch, Knochen, Reis und Gemüse in einem Riesentopf gekocht und wir konnten so viel essen wie wir konnten. Danach gingen alle zu dem langen Holztisch in der Entrada und spielten das Geschenkespiel, mit ganz viel Jubel und Geschrei. Sylvie hatte für jeden ein kleines Geschenk dabei. Sie liebte es sich um Menschen und Tiere zu kümmern, und das besonders zu Weihnachten.
Wir Hunde lagen dann vollgefressen vor dem bollernden Holzofen und machten erstmal ein kleines Nickerchen, um später dann nochmal einen Nachschlag zu holen. Ich liebte diese ausgelassenen und fröhlichen Zusammenkünfte sehr. Ich liebte es sowieso, wenn ganz viele Menschen und Kinder um mich herum waren.

Bei all diesen Gelegenheiten und bei noch so vielen anderen Ereignissen war ich immer mit dabei, weil ich ganz selbstverständlich mit zur Familie gehörte.

Und so ging ein Jahr nach dem anderen wie im Fluge dahin.

 

Der Abschied

Doch das alles gehört nun der Vergangenheit an, denn ich spüre, dass für mich jetzt die Zeit des Abschieds gekommen ist. Ich hatte ein wirklich wundervolles freies Hundeleben auf Ibiza, ohne Leine, ohne Kette, ohne Zwinger, ohne Drill, ohne Chip, ohne Trocken- oder Dosenfutter, ohne Tierarzt und ohne Medikamente, weil ich niemals krank war. Und ich war auch niemals allein. Für das alles danke ich Euch sehr.

Und während Herrchens Tränen unablässig auf meinen Kopf fallen, sterbe ich jetzt im Alter von 17 Jahren ganz langsam und friedvoll in seinen starken Armen. Das ist in Ordnung. Ich habe meine Aufgabe hier vollbracht. Ihr könnt nun Euren Weg alleine weiter gehen.

Ich werde auch weiterhin immer in Eurer Nähe sein und Euch begleiten und beschützen. Ihr braucht nur an mich zu denken und schon könnt Ihr mich spüren.

In tiefer Dankbarkeit und immerwährender Liebe, Eure Daisy.

 

x Daisy und Peter 1995

Nachtrag vom Herrchen:

Jeder, der schon mal einen Hund hatte sagt später: "Mein Hund war etwas ganz Besonderes." Und das stimmt auch.

Das Besondere an meiner Daisy war, dass sie so etwas wie ein Kommunikations-Hund war. Damit meine ich, dass sie durch ihre immer gutgelaunte Frohnatur und unendliche Geduld und Fürsorge für alle Menschen und Tiere, sofort eine ganz natürliche Verbindung zu allen Beteiligten herstellte. Sie ging einfach auf alles und jeden mutig und freudig zu, ohne Befangenheit oder Vorurteil. Sie nahm alles und jeden bedingungslos an. Das brachte jedes Herz zum Schmelzen. Damit war sie in vielen Situationen und Begegnungen für uns als Auswanderer und Neuling in einem fremden Land, ein entscheidender Kontakthersteller und Tür- und Herzöffner.

Ich habe Daisy im Mai 2008 nahe unserer Finca auf einer bunten Blumenwiese im Schatten eines uralten Mandelbaums begraben. Sie liegt dort neben ihren drei fast gleichaltrigen Freunden, mit denen sie ihr ganzes Leben auf Ibiza verbracht hatte und die erst ein paar Wochen zuvor einer nach dem anderen ebenfalls in meinen Armen einschliefen.

Sie alle haben von dort einen freien Blick über das ganze Tal von Benirrás und auf ihr früheres Zuhause.
Es ist ein Blick zurück auf ein freies Leben mit allen ihren Freunden und ihrer ganzen Familie.
Ein Blick zurück auf ein ganz besonderes Hundeleben auf Ibiza.


Siehe auch: Django: Der Hund mit dem Tuch um den Hals


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