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KURZGESCHICHTE: Und so sprach die Liebe:
"Ja ich kenne den Ort, wo die Liebe ward geboren und wo Könige im Staube vor ihr knien. Ich sah ihr zu, als sie zur Himmelsmacht erkoren. Sie war das Leben und die Sonne, die für uns alle schien."
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Erkläre mir was Liebe ist von Peter Reifegerste

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Peter Reifegerste
Peter Reifegerste
Kurzgeschichte. Satire. Sarkasmus.

Erkläre mir was Liebe ist

Ich war dabei, ich war dabei...

Erkläre mir was Liebe ist.
Ich möchte sie so gerne seh'n.
Man sagte mir Du kennst sie schon?
Ja hast Du sie denn wirklich schon geseh'n?
  • Ich möchte sie so gerne seh'n.
  • Ich möchte sie so gerne fühl'n.
  • Sie darf auf keinen Fall an mir vorüber geh'n.
  • Vielleicht war die Liebe ja auch schon hier, doch ich war noch nicht bereit?
  • Vielleicht hab' ich auch gerad woanders hingeschaut.
  • Oder meinst Du, ich bin grundsätzlich noch nicht soweit?
  • Vielleicht muss ich zuvor ja auch noch alle Bücher dieser Welt studieren?
  • Vielleicht muss ich mich zuvor ja auch noch von allem Luxus dieser Welt distanzieren?
  • Vielleicht muss ich auch ein Leben in Enthaltsamkeit, Kargheit und Verzicht absolvieren?
  • Vielleicht muss ich zuvor ja auch noch die Versuchung und Fleischeslust im Zölibat besiegen,
  • ansonsten kann mich der Teufel am Ende doch noch kriegen?
  • Sag' mir:
  • Wieviele Epochen soll ich denn noch meditieren, Hallelujas singen und Rosenkränze beten?
  • Oder soll ich weiter Ausschau halten nach den drei Königen und diesem biblischen Kometen? (Oder war's doch'n Ufo?)
  • Oder bin ich etwa auf dem völlig falschen Pla-Pla-neten? (Eiiiiiiiner geht noch, einer geht noch rein...)
  • Ist mein Glauben und meine Seele nicht schon genug geschunden und getreten?
  • Oder willst Du jetzt auch noch meine restlichen Moneten? (Nein Leute, auch diese Zeile muss unbedingt raus, sonst kommen wir in Teufels Küche !!)
  • Vielleicht trag' ich auch die falsche Kutte oder unterschrieb' das falsche Papier?
  • Vielleicht sollte ich nur noch Tee trinken aus der Hagebutte, Körner essen, Mantras singen und ja niemanden brüskier?
  • An manchen Tagen fühl' ich mich wie eine abgewrackte Schabracke, überflüssig, ausrangiert, vergessen, ohne jedes Lebenselixier.
  • Vielleicht bin ich aber auch schon völlig plemplem und meschugge, weil die Obrigkeit mich hat schon längst im Visier?
  • Also, was muss ich tun? Wohin muss ich flieh'n?
  • So lass' mich doch nicht noch weitere Tausend Jahre hier im Regen steh'n.
  • Oder soll ich nochmals zu diesem brennenden Busch geh'n,
  • statt weiter goldene Kälber anzufleh'n?
  • So gib' mir doch endlich auch einmal ein Zeichen,
  • damit ich Dir mein Herz kann reichen.
  • Nun sag' mir schon:
  • Wo ist der Ort, wo die Liebe wirklich wohnt?
  • Ist die Liebe wirklich hier auf dieser Erde oder etwa auf einem fernen Mond?
  • Was muss ich denn noch alles tun, damit mich Gott endlich auch einmal belohnt?
  • Muss ich denn nochmal im Zorn einen Brudermord begehen,
  • um Schuld und Verantwortung zu verstehen?
  • Oder muss ich nochmal eine Arche bauen, um darin ein Tier jeder Art zu verstauen?
  • Oder muss ich die Menschen weiter taufen und erneut meinen Kopf verlieren?
  • Oder muss ich als Verräter nochmal 30 Silbermünzen kassieren?
  • Nun zeig' mir doch endlich das strahlende Licht hinter den vielen Türen.
  • Warum kannst Du mich nicht einfach zur Liebe hin führen?
  • Ok, da gab's zwar diese Tafeln mit den vielen Geboten,
  • doch die Mächtigen der Zeit verdrehten sie zu unterjochenden Verboten.
  • Heute sind sie nur noch eine Anekdote und reichen gerade mal als Fußnote.
  • Oh bitte Liebe helfe mir,
  • bevor ich den Verstand verlier.
  • Und so sprach die Liebe:
  • Ja ich kenne den Ort, wo die Liebe ward geboren.
  • Und wo Könige im Staube vor ihr knien.
  • Ich sah ihr zu, als sie zur Himmelsmacht erkoren.
  • Sie war das Leben und die Sonne, die für uns alle schien.
  • Ich war dabei, als der erste Tag auf Erden erwachte.
  • Ich war dabei, als das Weib das erste Kind auf diese Erde brachte.
  • Ich war dabei, als der erste Tag verging
  • und ich war dabei, als die Erde ihren ersten Toten empfing.
  • Ich war dabei, als der Sohn aller Söhne mit seinem Blick jeden Zweifel erlöste.
  • Ich war dabei, als die Mutter aller Mütter mit ihrer Güte jedes Herz tröstete.
  • Ich war dabei, als der Reiche dem Bettler alles schenkte, weil er erkannte, dass ihn das alles nur ablenkte.
  • Doch dann kam die Erkenntnis und mit ihr beide Seiten.
  • Jetzt kam ein anderer Lichtträger auf die Erde und mit ihm ganz andere Zeiten.
  • Er zeigte uns die Hässlichkeit, den Hass sowie den Neid.
  • Und plötzlich waren wir nicht mehr allein.
  • Nein, nun waren wir zu zweit.
  • Jetzt sah ich die Liebe mich zum ersten Mal im Spiegel und konnte diese Fratze kaum ertragen.
  • Jetzt war ich plötzlich hässlich und obszön.
  • "Nein", sprach ich, "so geht das nicht, das soll gefälligst ein anderer ertragen. Ich bin ja schließlich auserkoren und das von Gottes Gnaden."
  • "Dies Antlitz ist zu mir nicht kompatibel, das ist auf keinen Fall mein Spiegel.
  • Man bringe mir den erstbesten Sklaven als Sündenbock.
  • Husch Husch Du Nichtsnutz nun lauf' schon und zwar Ad hoc.
  • Der Sündenbock ist ab jetzt die Fratze und muss für ewig hinter Schloss und Riegel.
  • Selbstverständlich nur mit meinem königlichen Stempel und heiligen Siegel."
  • Und da sprach die Fratze:
  • "Gestatten, ich heiße Eitelkeit.
  • Und? Gefällt Dir was Du siehst? Bin ich nicht lieb?
  • Bedank' Dich bei dem Typ da mit den Hörnern, er ist der wahre Schurke und der Dieb.
  • Er gehört zu dieser Gruppe aus Abtörnern, er klaut Seelen und verstrickt uns in einen selbstgemachten Krieg."
  • "So ist das Leben eben hier auf Erden.
  • Glaub' mir, ich weiß Bescheid.
  • Du solltest Dich schon mal daran gewöhnen,
  • denn wir sind jetzt zusammen, und das für eine lange, lange Zeit." (Ach Du dicke Maid...)
  • Und so sprach die Liebe weiter:
  • Ja ich war dabei, als Paris Helena raubte und damit den trojanischen Krieg herauf beschwor.
  • Und als er schließlich mit seinen vergifteten Pfeil die Ferse vom unbesiegbaren Achilles durchbohr.
  • Ich war auch dabei, als Odysseus mit seiner List Troja besiegte
  • und damit eine Mythologie für die Ewigkeit schmiegte.
  • Ich war auch dabei, als Generäle von Ruhm und Ehre auf dem Schlachtfeld träumten, während die Toten sich zu hohen Bergen aufbäumten.
  • Ich war auch dabei, als die Armee auf der nicht enden wollenden Allee, stolz an gekreuzigte Aufrührer vorbei marschierte,
  • so dass einem das Blut in den Adern gefrierte.
  • Ich war dabei, als Millionen Männer, Frauen und Kinder halbnackt auf endlosen Todesmärschen erfroren.
  • Ich war dabei, als Tausende in Gaskammern im Angesicht des Todes buchstäblich ihren Verstand verloren.
  • Ich war dabei, als irre Todespanik und Todesangst fegten die Liebe dahin.
  • Und als Männer und Frauen in Uniformen mit blindem Gehorsam und irrer Verblendung, so wie ich, waren mittendrin.
  • Ich war dabei, als brennender Hass die Welt regierte.
  • Als kein Funken Menschlichkeit mehr auf ihr existierte.
  • Ich war dabei, als gehirngewaschene Soldaten "nur" ihren Befehlen folgten,
  • und so Millionen "im Namen des Volkes" entsorgten.
  • Ich war dabei, als Völkermord, Entmenschlichung und Fanatismus sich vereinten zu einem Guss,
  • und das hoch effizient mit eigenem Gleisanschluss.
  • Ich war auch dabei, als wir das Bajonette in das Herz der Liebe stießen.
  • Als Lügen und Verrat wie Unkraut plötzlich sprießen.
  • Ich sah wie man die Liebe in den Folterkeller brachte.
  • Ich hörte ihr Flehen und ihre Schreie,
  • ich hörte wie ihr Körper zischte und krachte.
  • Ich sah die Todesangst aus den Augen der Liebe heraus sprüh'n.
  • Ich war mir sicher: Jetzt wird die Liebe jeden Augenblick verglüh'n.
  • Ich war auch dabei, als Schwerter die Liebe brutal erschlugen,
  • und als die Menschen ihre Überreste feige in der Erde vergruben.
  • Ich war dabei, als man der Liebe den Kopf hat abgehau'n.
  • Ich sah die Liebe sterben, es war im Jahre Null, im kalten Morgengraun.
  • Oh ja. Ich war dabei, ich war dabei...
  • Mein Gott, mein Gott...
  • Bitte verzeih...
  • Doch das alles ist vor langer Zeit geschehn.
  • Deshalb: Ich will die Geschicht' nicht noch mal rückwärts dreh'n.
  • Doch wisse und lasse es der Welt und jeden hör'n:
  • Die Liebe kann niemand verbieten und keiner zerstör'n.
  • Und schon gar nicht bei einem Fahneneid abschwör'n.
  • Denn:
  • Kein Scheiterhaufen kann die Liebe verbrennen.
  • Kein Henkerbeil kann die Liebe abtrennen.
  • Keine Galgenschlinge kann die Liebe erhängen.
  • Kein Gift kann man mit Liebe vermengen.
  • Kein Schnaps kann die Liebe ersaufen.
  • Kein Kerker kann die Liebe abschotten.
  • Zu keiner Zeit kann die Liebe verrotten.
  • Keine Hölle kann die Liebe verdammen.
  • Keine Sünde kann die Liebe verbannen.
  • Kein durchs Fleisch geschlagener Nagel kann die Liebe zerfetzen.
  • Denn die Liebe lebt ewig, sie ist die Nahrung, nach der wir alle so lechzen.
  • Die Liebe ist das, was ewig in uns wohnt.
  • Egal, welche Krone auch immer gerade auf ihr thront.
  • Doch wisse auch:
  • Ich war auch dabei, als wir neue Welten erschufen,
  • obwohl wir noch gar nicht dafür waren berufen.
  • Ich war auch dabei, als wir den Geist namens Uran aus der Flasche ließen,
  • im vollen Wissen, dass wir damit gegen jede Vernunft verstießen.
  • Ja, ich war auch dabei, als die Schlange uns ihre Liebe ins Ohr heuchelte,
  • während sie ihr Gift ganz langsam in unsere Adern träufelte.
  • Doch ich war auch dabei, als die Schlange am Ende der Zeit das zu uns sagte, während sie völlig erschöpft ihre Maske abnahm:
  • "Aber ich habe das alles doch auch für Euch getan."
  • Marmor Stein und Eisen bricht, aber der Glauben an falsche Götter scheinbar nicht.
  • Doch schon morgen erkennen wir das wahre Gesicht, wenn es zu uns spricht:
  • "Lebe wohl mein lieber Freund. Es war mir eine Ehre. Ich verbeuge mich vor Dir und Deinem Licht. Doch wehe Dir, Du kommst mir noch einmal in die Quere." (AUUUUUUUS !! STOP !!! Kann mal endlich jemand diesen Plagegeist zurück in seinen Kohlenkeller bringen? So kann doch kein Mensch arbeiten.)
  • Doch ich werde auch dabei sein, wenn der letzte Tag auf Erden vergeht.
  • Ich werde auch dabei sein, wenn die Glocke die letzte Stunde auf dieser Erde anschlägt.
  • Ich werde auch dabei sein, wenn die letzte Zeile gesprochen wurde als Gebet,
  • so wie es schon in den alten Schriftrollen steht.
  • Also, ich kann Euch nicht erklär'n was Liebe ist, weil Ihr sowieso schon alles wisst.
  • Doch solange sich die Erde dreht und jeden Morgen die Sonne über ihr aufgeht,
  • solange werde ich Euch aus vollem Herzen jeden Morgen neu bekunden:
  • "Ich, die Liebe, nicht die Zeit, heile alle Eure Wunden.
  • Ihr werdet es fühlen.
  • Ihr werdet es sehen.
  • Und dann, dann werdet ihr es verstehen."
  • Und deshalb kann ich Euch auch nichts weiter sagen über die Liebe,
  • auch wenn ich noch Tausend Zeilen schriebe
  • oder noch weitere Tausend Jahre bliebe.
  • Denn nun geh' ich nach Hause.
  • Ja nach Hause, zu MEINER Liebe.

© Peter Reifegerste. Diese Geschichte wurde inspiriert von eigenen Erlebnissen und Erfahrungen. Das Werk ist urhebergeschützt und darf nur nur für den persönlichen Gebrauch verwendet werden. Jede Form der Vervielfältigung, Vermietung, Aufführung oder Verbreitung ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Autors erlaubt.


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2023 - Autor: Peter Reifegerste

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